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Aber Gesangslinie ist nicht gleich Gesangslinie!

Ein Kommentar von Petra Wolf-Perraudin

… und der Legato-„Modus“ einer musikalischen Interpretation kann differenziert aufgefasst und verschieden interpretiert werden.

Auch die stimmlichen Eigenschaften insbesondere der Stimmsitz sind individuell, ob durch die Unterschiede in der Persönlichkeit, der physischen Anlage, bedingt durch familiäre Sozialisation, gesellschaftliche Werte oder durch geographisch regionale Verbreitung der Tradition.
Ein Stimm-Ideal kann aus diesen Gründen stark variieren und deshalb von Region zu Region verschieden sein.

Die fachlich-stilistische Frage, ob Belcanto-Sänger oder nicht, obliegt den Eigenschaften des Gesangsmodus und dem akustischen Gesamteindruck.
In Italien, dem Land der historisch bedingten Herkunft und Tradition der Gesangstile und Gesangsschulen, der Oper und Künste … nach italienischer Vorstellung benötigt eine Belcanto-Stimme bestimmte Klangeigenschaften für ihre Hör-Akzeptanz.
Mit den „Interpreten“ der Verarbeitung italienischer Belcanto-Gesangskultur haben sich Werte und Maßstäbe verselbstständigt, die sich vom ursprünglichen Klang-Ideal Italiens entfernt und damit den ursprünglichen Klangeigenschaften kaum noch entsprechen können.

Mit der Folge: In den regionalen, mittel- und nordeuropäischen Auffassungen gegenüber italienischer Belcanto-Tradition sind entsprechende Interpretation veränderter Wertevorstellungen, Verfremdungen oder Einflüsse eines geographisch und traditionell bedingten Lokalkolorits zu beobachten.

Zu Beginn des 20. Jhrdt. waren ausgewanderte Belcanto-„Ikonen“ italienischer Tradition als Gesangslehrer in Skandinavien, Spanien, Ungarn, Istanbul und in vereinzelten Zentren der USA wie San Francisco, Chicago sowie New York tätig. Seit den 80ern erweiterte sich der geographische Radius, und mit ihm kam es zur „Verwässerung“ der traditionellen Werte in der Gesangsausbildung.
Aufgrund unterschiedlicher regionaler Entwicklungen in der Gesangs-Kultur ergaben sich verschiedene Auffassungen der Belcanto-Interpretation mit Fragen der Ausprägung und Umsetzung, was im Rahmen italienischer Hörerfahrung stilistisch einem zu wenig authentischen, entfremdeten Resultat entsprach.
Die abweichenden Gesangsauffassungen, Gesangs- und Sänger-Resultate regional veränderter Interpretationen konnten der italienischen Hörerwartung nicht mehr gerecht werden.

Die traditionelle Interpretationsweise der italienischen Oper und ihre Umsetzung des italienischen Belcanto lässt uns immer wieder zu Begeisterungsstürmen hinreißen. Es sind die Reaktionen auf eine direkt und spontan ansprechende Präsentationsweise von Stimme, Gesang, ihrer dahinter stehenden Ausbildung, einer Belcanto-Gesangstechnik, Stimmästhetik und Interpretationsweise.

Das Resultat ergibt sich aus einer besonderen Art der Stimmführung in Verbindung mit dem Atem, dem Stimmsitz, der Stimmfarben, der Art ihrer Modulationsfähigkeit und Gesangstechnik einer flexibel ausführenden Sängerpersönlichkeit im vokalen Repertoireangebot der italienischen Komposition – entsprechende Hörerwartung und „Umgebung“ der musikalisch-künstlerschen Werte nicht zu vergessen.

Der Versuch, diese historisch gewachsenen Tatsachen „in ein neues Licht zu rücken“, ist sinnlos. Denn es würde auch bedeuten, dass wir uns unserer genussvollen Momente wunderbar mitreißender Opernabende italienisch geprägter Stimmkultur „berauben“ würden … und … wer möchte dieses nachhaltig begeisternde, ausladend „süffige“ und unüberhörbar stil-echte Klangerlebnis letztlich missen!?